01.05.2014   |   Deutschland

Lean Production Unternehmensreise

Was ist eigentlich KVP, Kanban, Just-in-time und Milkrun? Das fragte sich auch die Unternehmensgruppe "Holz" um Klaus Haake und besuchte zu diesem Thema Schuler Consulting.

Kaizen, KVP, Kanban, Just-in-time, Milkrun, SMED, One-Piece-Flow und TPM sind Schlagworte, die immer häufiger auch in der Holz-Industrie genannt werden.

Als Betrieb in der Holz- und Möbelindustrie muss man sich außerdem öfter die Frage stellen lassen, warum man so rückständig produziert, wo doch insbesondere die Automobilindustrie schon seit 20 Jahren so schlank aufgestellt ist.

Vielen Unternehmern sind jedoch die teils theoretischen Ansätze von One-piece-flow und Just-in-time nicht griffig genug. Es ist oft unklar wie ganz konkret diese Themen in der eigenen (Holz-) Produktion umgesetzt werden können. Denn der Wille zur Verbesserung ist ja häufig schon da.

Aus dem Grunde suchte die Unternehmergruppe Holz rund um Klaus Haake von HSP Consulting konkrete Beispiele aus der Holz-und Möbelindustrie. Mit SCHULER Consulting fand die Gruppe einen Ansprechpartner, der eine dreitägige Reise zum Thema „Lean in der Möbelindustrie“ organisierte. Es wurden dazu gezielt Firmen aus der Holz-Branche ausgewählt, die durch Lean Production erstaunliche Erfolge erzielten konnten. Ziel war es, die praktische Umsetzung von Lean Production zu sehen, zu verstehen und konkrete Ideen für die Umsetzung im eigenen Unternehmen mitzunehmen.

Was ist Lean Production?

Zu Beginn der Reise gab es in den Räumen von Baufritz Erkheim eine Einführung zum Thema „Lean in der Holz-Industrie“ vom Experten von SCHULER Consulting. Lean Production bzw. Lean Management ist prinzipiell eine Philosophie zur Optimierung des Unternehmens. Für ein schlankes Unternehmen werden alle Verschwendungen in der Fertigung, aber auch in der Administration eliminiert. Dabei werden sämtliche Prozesse nach dem Wertschöpfungsgehalt untersucht, und alles was nicht direkt zum Mehrwert für den Kunden führt, wird genauer unter die Lupe genommen. Als Verschwendung gelten somit Bestände in der Produktion, Liegezeiten, Rüstvorgänge und Transport- Wege- und Suchzeiten, aber ineffiziente Abläufe in administrativen Bereichen. Ohne Verschwendung sinkt die benötigte Arbeitszeit und die Gefahr von Fehlern oder Beschädigungen geht auch zurück. Mit großen Lager- und Puffermengen werden in der Produktion oft fehlerhafte Prozesse versteckt. Erst das senken der Bestände bringt diese dann zum Vorschein.

Doch zuerst empfiehlt es sich in der Produktion nach dem 5S Prinzip aufzuräumen und auszumisten, was nicht wirklich gebraucht wird. Und das was gebraucht wird gehört an einen gut zugänglichen und definierten Lagerplatz. Alles Übrige wird entsorgt. Plötzlich hat man in der Produktion Platz und wird außerdem effektiver!

Doch ganz so einfach wie es klingt ist es nicht, die Mitarbeitenden wollen auf nichts verzichten, Fehler sollen verdeckt bleiben, Neues macht Angst. Deshalb wird das Ganze als kontinuierlicher Prozess der Veränderung gestaltet und die Mitarbeiter gleich mit ins Boot genommen. Denn nur wenn der Gedanke der kontinuierlichen Verbesserung von allen verstanden wird, kann eine Firma nachhaltig verschlankt werden.

Außerdem ist die Information der Mitarbeitenden ein ganz wichtiger Bestandteil, damit alle in die gleiche Richtung ziehen. Informationswände visualisieren in der Produktion aktuelle Kennzahlen sowie Qualität und  auch entstandene Fehler. Zudem die Verbesserungsvorschläge der Mitarbeitenden und die bereits erreichten Verbesserung durch Workshops und Lean- Projekte. Denn informierte Mitarbeitende denken mit und wollen mehr erreichen.

 

Beispiele für die Umsetzung von Lean Production
Die Experten von SCHULER haben eine Reise zu 4 Unternehmen in Süd-Deutschland organisiert, die den Weg der Veränderung zur schlanken Produktion bereits gestartet haben und beeindruckende Ergebnisse vorstellen konnten. 

Homag, Schopfloch

Der Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen hat vor über 7 Jahren mit der Umstellung auf Lean Produktion angefangen. Mit vielen Workshops haben die Mitarbeitenden unter Anleitung die Produktion vereinfacht und rationalisiert. Wo früher noch alle Teile zusammengebracht wurden um die Maschine zu montieren, wandern die Maschinen jetzt von Station zu Station und werden effektiv montiert. Damit senkte sich die Produktionszeit deutlich. Wo früher die Mitarbeitenden die ganzen Komponenten in der zentralen Materialausgabe holen mussten, stehen diese nun direkt in der Produktion im Supermarkt bereit. Nachweislich wurden mit diesen Maßnahmen Arbeitszeitreduktionen von 20% erreicht. Eindrucksvoll waren insbesondere die vielen Detaillösungen: Ergonomische Montagebühnen für schwere Elektro-Schränke. Set Wägen an denen genau das benötigte Werkzeug vorhanden ist. Shopfloor- Management Tafeln, an denen auch Probleme in der Fertigung klar visualisiert werden. Ein Punkt wurde den Teilnehmern beim Vortrag von Geschäftsführer Herbert Högemann besonders klar: Lean ist kein „Einmal- Werkzeug“. Es muss dauerhaft verankert werden und beständig vom Management angetrieben werden. Dann wird es erfolgreich!

 

WeberHaus, Rheinau

Der renommierte Fertighaushersteller hat vor 6 Jahren mit dem „Ordnung-Schaffen“ begonnen und dann die schlanke Produktion mit Workshops konsequent weiterverfolgt. Die Reduktion der Läger und Puffer in der Produktion ist hier so weit vorangetrieben, dass alle Elemente für ein Haus direkt auf den gewünschten Montagetermin hin gefertigt werden und die Materialien „just in time“ bereitgestellt werden.  Bei WeberHaus ist außerdem das Qualitäts-Wesen eng gekoppelt mit der Lean- Organisation. Für Verbesserungsmaßnahmen setzt Weber Haus auf Workshops, die von den Abteilungsleitern selbst durchgeführt werden. Gestartet hat Weber Haus mit externer Unterstützung durch ein Beratungsunternehmen, und die Organisation und Workshops dann immer mehr durch eigene Mitarbeiter übernommen. WeberHaus zeigte der Reisegruppe eindrucksvoll, dass Lean auch in der Fertighausbranche absolut umsetzbar ist.

Trend-Store, Greding

Das Unternehmen für anspruchsvolle Ladeneinrichtungen hat mit Aufräumen und Verbesserung des Materialflusses begonnen. Der gewonnene Platz wird für definierte Stellplätze und übersichtliche Transportwege genutzt. Dass damit die Beschädigungen der Waren reduziert und damit die Effizienz der Produktion weiter erhöht wurde, kann nachgewiesen werden. Interessant für  die Gruppe war es außerdem ein Unternehmen zu sehen, dass sich auf den Weg gemacht hat. Man konnte bei Trendstore schon erste Erfolge sehen. Trendstore ist jedoch - im Vergleich zu den vorher gesehenen Unternehmen – noch am Beginn der Einführung einer Lean- Organisation. Auch dieser Aspekt war interessant, denn man muss sich im Klaren sein, dass die Einführung nicht von heute auf morgen vonstattengeht, und auch viel Energie kostet.

Steelcase, Rosenheim

Rückblickend auf die 11 Jahre seit dem Start der LEAN Produktion sind beim Büromöbelhersteller in Rosenheim viele Projekte und Veränderungen zur Fließfertigung umgesetzt worden. Interessant war, dass die ersten Lean-Aktivitäten nicht gleich zum Ziel führten, sondern dass erst nach Einbezug von erfahrenen Lean- Experten von Steelcase USA das Projekt zum Erfolg wurde. Die exakte Produktionssteuerung und Fertigungsreihenfolge ermöglicht es, dass aus den drei Fertigungsbereichen die Waren synchron in der Endmontage eintreffen. Mit relativ geringen Puffern von nur etwa 4 Stunden zwischen den Prozessen konnte eine geringe Durchlaufzeit realisiert werden. Diese gibt Steelcase als Vorteil an seine Kunden weiter. Die Lieferzeiten für auftragsbezogene Möbel wurden auf 12 Tage(!) reduziert. Steelcase hat sich jedoch bereits ehrgeizigeren Zielen verschrieben und möchte die Durchlaufzeit noch weiter senken. Steelcase visualisiert eindrucksvoll in seiner Produktion alle Lean Aktivitäten, TPM Instandhaltung und SMED Rüstworkshops. Mit Sicherheit ist Steelcase eines der Paradebeispiele für eine erfolgreiche Lean-Einführung in der Möbelindustrie. Dass die Firma dennoch so offen mit Ihrem Know-how umgeht, hat die Unternehmergruppe sehr gefreut. 

Fazit

Den Teilnehmern wurde im Verlauf der Reise klar, dass die Einführen von Lean Production auf folgenden Punkten basieren muss, um erfolgreich zu werden:

  • Ordnung schaffen

  • Verständnis bei den Mitarbeitern schaffen für Verschwendung und Wertschöpfung

  • Die kontinuierliche Verbesserung ständig antreiben

  • Die Ideen und Know-How der Mitarbeiter nutzen

  • Verschwendungen in Produktion und Prozessen eliminieren  

  • Lagerbestände senken, Materialfluss verbessern, Durchlaufzeiten verkürzen

  • Lean Methoden und Prinzipien richtig verstehen und einsetzten

  • Und immer immer weiter verbessern

Hier wird deutlich, dass die Umsetzung ein Prozess ist und Zeit braucht. Das kontinuierliche Antreiben durch die Geschäftsleitung ist wichtig und erfordert Geduld. Für die Einführung empfiehlt sich die externe Begleitung, denn es ist wichtig zu Beginn mit den richtigen Methoden und anschaulichen Beispielen Erfolge zu erzielen. Nur so werden die Mitarbeiter überzeugt von den Vorteilen von Lean Production, nämlich durch die spürbare Verbesserung Ihres eigenen Arbeitsumfeldes.

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